Der Begriff „Fahrlässigkeit“ wird im deutschen Rechtssystem häufig gebraucht, um eine Handlung zu beschreiben, bei welcher der Akteur sorglos agierte, dabei aber nicht die Absicht hatte, einen Schaden zu verursachen. Bei der Definition jedoch sind einige Feinheiten zu beachten, auf die der vorliegende Ratgeber näher eingeht.
FAQ: Fahrlässigkeit
Ja, sowohl im Zivilrecht durch das BGB als auch im Strafrecht durch das StGB wird bestimmt, was unter Fahrlässigkeit zu verstehen ist. Diese Definition ist auch für das Verkehrsrecht relevant.
Ja, so wird beispielsweise zwischen unbewusster und bewusster Fahrlässigkeit unterschieden. Mehr zu der Unterscheidungen lesen Sie hier.
Strafbar sind fahrlässige Handlungen in der Regel dann, wenn diese explizit im StGB erwähnt werden. Ansonsten liegt eine Strafbarkeit nur bei vorsätzlichen Handlungen vor.
Video: Fahrlässige Körperverletzung
Definition für Fahrlässigkeit hängt vom Rechtsgebiet ab
Inhalt
Das Strafgesetzbuch und andere Gesetze stellen bestimmte, fahrlässig oder vorsätzlich begangene Handlungen unter Strafe. Das bedeutet: Wie war die innere Einstellung vom Täter zu dem von ihm verwirklichten Tatbestand? Inwiefern waren ihm die möglichen Konsequenzen seines Handelns bewusst?
Dabei sind natürlich die beiden Formen zu unterscheiden. Wir werden aber im Folgenden vor allem auf die Fahrlässigkeit eingehen. Die Definition und die verschiedenen Einstufungen von Fahrlässigkeit richten sich dabei nach dem jeweiligen Rechtsgebiet, in dem es gerade thematisiert wird.
Ob Fahrlässigkeit vorliegt oder nicht, ist in unterschiedlichen Situationen im Alltag von Bedeutung. So auch beispielsweise im Versicherungsrecht. Schrammt jemand versehentlich ein anderes Auto, übernimmt die Kfz-Versicherung in der Regel den Schaden. Findet diese heraus, dass der Versicherungsnehmer zum fraglichen Zeitpunkt telefonierte, könnte diese von Fahrlässigkeit ausgehen und evtl. die Zahlungsleistungen zurückfordern.
Fahrlässigkeit im Zivilrecht
Widmen wir uns zunächst dem Zivilrecht. Als Orientierung zur Begriffsklärung wird hier das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) herangezogen.
So heißt es zur Fahrlässigkeit im BGB in § 276:
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Damit ist gemeint, dass von jedem Teilnehmer eines Verkehrs jeglicher Art ein bestimmtes Handeln und dabei eine gewisse Sorgfalt zu erwarten ist. Wird von Fahrlässigkeit gesprochen, bedeutet dies nicht nur, dass er umgangssprachlich unvorsichtig bzw. verantwortungslos handelte. Es wird dabei auch geprüft, ob das rechtswidrige Endresultat des Handelns sowohl vorhersehbar als auch vermeidbar war.
Stufen der Fahrlässigkeit im Zivilrecht
Darüber hinaus gibt es eine graduelle Unterscheidung dieser Verschuldensform im Zivilrecht. Zwar ist diese nicht im Gesetz vorgegeben, doch aufgrund der riesigen Vielfalt an Handlungsformen, die nicht gleichartig geahndet werden sollten, haben Gerichte die Definition für grob fahrlässig und einfach fahrlässig geprägt.
- Definition für einfache Fahrlässigkeit: Damit ist Fahrlässigkeit nach § 276 BGB gemeint. Wer nicht mit der gebotenen Sorgfalt handelt, der begeht in der Regel einfache Fahrlässigkeit.
- Definition für grobe Fahrlässigkeit: Dies ist nicht gesetzlich bestimmt. Die Gerichte gehen aber von grober Fahrlässigkeit aus, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt wird. Dies ist auch der Fall, wenn naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden.
Die Beurteilung, ob ein Handeln im Einzelfall einfach oder grob fahrlässig war, ist aber einem Gericht vorbehalten. Diese Entscheidung hängt von unzähligen Details ab. Somit ist die Einschätzung über das eigene Agieren sehr anfällig für Irrtümer.
Daher wollen wir davon absehen, die oben genannten Stufen der Fahrlässigkeit mit Beispielen zu illustrieren.
Ob ein Handeln grob oder einfach, schon ob es fahrlässig oder vorsätzlich war, ist nicht von einem Beispiel auf eine konkrete Situation übertragbar.
Fahrlässigkeit im Strafrecht
Grundsätzlich sieht das Strafrecht erst einmal keine Bestrafung für fahrlässiges Handeln vor, so ist es im Strafgesetzbuch (StGB) festgehalten. So heißt es in § 15 StGB:
Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.
Daher gibt es nur bestimmte Straftaten, bei denen zu prüfen ist, ob Fahrlässigkeit vorliegt. Hinzu kommt, dass der Begriff der Fahrlässigkeit im Strafrecht nicht deckungsgleich mit dem im Zivilrecht ist. Da es aber im Strafgesetzbuch keine Definition gibt, wird sich dafür auch hier an § 276 BGB angelehnt.
Stufen der Fahrlässigkeit im Strafrecht
Auch im Strafrecht wird zwischen zwei Graden der Fahrlässigkeit unterschieden:
- Unbewusste Fahrlässigkeit: Ist sich eine Person nicht darüber im Klaren, dass Sie einen Tatbestand gemäß StGB erfüllt (obwohl Sie nach ihren individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen dazu in der Lage sein sollte), handelt sie unbewusst fahrlässig. Allerdings müsste derjenige nicht nur fähig sein, die Situation einzuordnen, sondern müsste auch den Schadenseintritt verhindern können.
- Bewusste Fahrlässigkeit: Hier wird zwar eine Straftat begangen, jedoch gleichzeitig darauf gehofft (nicht aufgrund Gleichgültigkeit billigend in Kauf genommen), dass nichts passiert.
Fahrlässigkeit bei Tatbeständen im Strafrecht
Wie oben erwähnt, muss es beim jeweiligen Tatbestand im StGB explizit erwähnt sein, dass auch die fahrlässige Begehung bestraft wird. Wir haben dafür Beispiele zusammengetragen.
- Fahrlässige Körperverletzung: In § 229 StGB ist die Fahrlässigkeit ausdrücklich erwähnt. Diese Art der Körperverletzung wird mit einer Freiheitstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. Das endgültige Strafmaß wird anhand der Schwere der Tat und ihrer Folgen im Einzelfall festgelegt. Möglich ist bspw. eine fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227) oder eine fahrlässige schwere bzw. gefährliche Körperverletzung (§ 226 StGB) besteht. Im Straßenverkehr kann dies bei Trunkenheitsfahrten der Fall sein, die in einem Unfall resultieren.
- Fahrlässige Tötung: In § 222 wird das Strafmaß für fahrlässige Tötung auf bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug oder einer Geldstrafe festgelegt. Im Straßenverkehr ist von fahrlässiger Tötung bspw. die Rede, wenn jemand gedankenlos die Vorfahrt missachtet oder eine rote Ampel überfährt und in Folge dessen eine Person stirbt. Somit kann fahrlässige Tötung durch einen Verkehrsunfall zustande kommen.
- Fahrlässige Brandstiftung: Dies ist in § 306d festgelegt. Wer fremde Gebäude, Gebiete oder Erzeugnisse fahrlässig in Brand setzt und dabei ganz oder teilweise zerstört, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe rechnen.
Sonderfälle für fahrlässige Tatbestände
Nicht jedes mögliche rechtswidrige Verhalten ist hieb- und stichfest im Gesetz aufgeführt und mit einer Strafe versehen. Es gibt noch einige Sonderfälle im Bereich der Fahrlässigkeit, die manchmal nicht eindeutig definiert sind.
So kann es auch eine fahrlässige Körperverletzung oder Tötung durch Unterlassen geben. Auch das Unterlassungsdelikt ist eine Straftat – nämlich dann, wenn jemand bei einer Gefahr untätig blieb, obwohl er die Möglichkeit zum Handeln hatte.
Zu den Sonderfällen gehört auch die fahrlässige Sachbeschädigung. Da es hierfür keinen Paragrafen im StGB gibt, ist bei Sachbeschädigung Fahrlässigkeit im Strafrecht eigentlich nicht strafbar. In Einzelfällen kann jedoch eine Sachbeschädigung durch fahrlässiges Handeln verursacht werden.