Von einer sogenannten Schuldunfähigkeit (umgangssprachlich auch: Unzurechnungsfähigkeit) ist die Rede, wenn eine Person aus rechtlicher Sicht keine Schuld an einer gewissen Handlung trifft. Wer sich z. B. bis ins Delirium trinkt, kann ab einem gewissen Punkt keine Verantwortung mehr für sein Handeln übernehmen. Doch kommen Autofahrer, die sich in diesem Zustand noch hinters Steuer setzen, automatisch ohne Strafe davon, weil Sie als unzurechnungsfähig gelten?
FAQ: Schuldunfähigkeit
Ja, das ist möglich. Unter bestimmten Umständen, kann eine Person keine Schuld an bestimmten Handlungen zugewiesen werden.
Ja, in § 20 Strafgesetzbuch (StGB) ist bestimmt, dass wann eine Schuldunfähigkeit vorliegt.
Ja, ist eine Person schuldunfähig, kann die Strafe entweder ganz ausgesetzt oder reduziert werden. Die Entscheidung ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
Wann gilt eine Person im Strafrecht als schuldunfähig?
Inhalt
Der Begriff der Schuldunfähigkeit stammt aus dem Strafrecht und wird im Strafgesetzbuch (StGB) in mehreren Paragraphen thematisiert. Kinder unter 14 Jahren gelten beispielsweise grundsätzlich als schuldunfähig. Begehen sie eine Straftat, können sie dafür in der Regel nicht belangt werden. In § 20 StGB befindet sich eine allgemeine Definition der Schuldunfähigkeit:
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat […] unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“
Ist eine Person demzufolge nicht in der Lage, während einer Tat zu verstehen, dass ihr Verhalten falsch ist, geschweige denn, sich entsprechend dieses Wissens zu verhalten, liegt laut Paragraph 20 StGB Unzurechnungsfähigkeit vor.
In einem solchen Fall kann die betroffene Person nicht für die begangene Tat bestraft werden. Es existiert ebenfalls die Möglichkeit, dass eine Person nur bedingt zurechnungsfähig war, als sie die Tat beging. Dann greift Paragraph 21 StGB:
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, […] bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe […] gemildert werden.“
Demzufolge kann die Strafe für den begangenen Verstoß entweder gänzlich entfallen, wenn eine Person dabei als nicht zurechnungsfähig galt, oder zumindest milder ausfallen, wenn eine verminderte Schuldfähigkeit vorlag. Aber bedeutet dies, dass gar keine Strafe droht, wenn es sich um Schuldunfähigkeit gemäß StGB handelt?
Nur weil die betroffene Person aufgrund ihrer Unzurechnungsfähigkeit nicht für die eigentliche Tat bestraft wird, bedeutet dies nicht, dass sie straffrei aus der Sache herausgeht.
Gründe für das Vorliegen einer Unzurechnungsfähigkeit gemäß Paragraph 20 StGB
Es existieren zahlreiche Gründe, welche für die Schuldunfähigkeit einer Person sprechen. In Paragraph 20 StGB sind daher lediglich bestimmte Überbegriffe aufgeführt, die sich wie folgt gestalten:
- „Krankhaft seelische Störung“: In diese Kategorie gehören beispielsweise Erkrankungen des Zentralnervensystems wie Demenz oder Alzheimer, Schizophrenie, Vergiftungen, die Abhängigkeit von Medikamenten, Drogen oder Alkohol, Epilepsie oder Folgeschäden nach einer Hirnverletzung.
- „Tiefgreifende Bewusstseinsstörung“: Hier geht es z. B. um einen Unfallschock, extreme psychische Erregtheit, hypnotische Zustände oder extreme Erschöpfung.
- „Schwachsinn oder schwere andere seelische Abartigkeit“: Psychosen, Neurosen, Triebstörungen, Fetischismus, psychische Fehlentwicklungen oder -anlagen, die nicht von organischen Defekten oder Prozessen herrühren (wie z. B. eine Intelligenzschwäche) oder eine schwere Spielsucht sind unter diesem Punkt zusammengefasst.
Wie schwer die Erkrankungen oder seelischen Störungen sind und inwieweit sie eine Schuldunfähigkeit der betroffenen Person rechtfertigen, kann ausschließlich ein psychiatrischer Gutachter entscheiden. Was bedeutet dies also für eine mögliche Unzurechnungsfähigkeit bei Alkohol am Steuer? Wer Drogen oder Alkohol konsumiert, muss zumindest mit einer zeitweiligen Beeinträchtigung der Hirntätigkeit rechnen, was wiederum eine Schuldunfähigkeit begründen kann.
Doch ab wie viel Promille ist man unzurechnungsfähig? Normalerweise wird von einer Unzurechnungsfähigkeit wegen Alkohol ab 3,0 Promille gesprochen. Handelt es sich allerdings um eine strafbare Handlung, bei der eine Person ums Leben kam, ist ein Wert von 3,3 Promille ausschlaggebend.
Um eine verminderte Schuldfähigkeit handelt es sich, wenn sich die Blutalkoholkonzentration zwischen 2,0 und 2,9 Promille bewegt.
Welche Strafe droht, wenn eine Schuldunfähigkeit vorliegt?
Gilt eine Person beispielsweise aufgrund der konsumierten Menge Alkohol als unzurechnungsfähig, bedeutet dies wie bereits erwähnt nicht automatisch, dass keine Strafe fällig wird. Zwar wird die begangene Tat bei einer erwiesenen Schuldunfähigkeit nicht geahndet, allerdings kann die betroffene Person in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsklinik untergebracht werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Unzurechnungsfähigkeit auf psychische Störungen zurückzuführen ist.
Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich der Täter absichtlich so stark betrunken hat, um eine Schuldunfähigkeit herbeizuführen und so die eigentliche Strafe zu umgehen versucht. Ein solches Vorgehen ist nicht möglich. Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig in einen derartigen Rauschzustand versetzt, muss mit einer Strafe gemäß Paragraph 323a StGB rechnen:
Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.“
Werden Sie demzufolge mit Alkohol am Steuer erwischt und gelten aufgrund eines Werts von 3,0 Promille als unzurechnungsfähig, müssen Sie zwar keine Ahndungen für die Trunkenheitsfahrt fürchten, allerdings kommt die in Paragraph 323a StGB genannte Strafe auf Sie zu.
Jedoch: Diese darf nicht höher sein, als die Sanktionen, welche die eigentliche Tat nach sich gezogen hätte. Werden Sie übrigens nicht nur dabei erwischt, wie Sie unter dem Einfluss von Alkohol ein Kfz steuerten, sondern auch noch einen Unfall verschulden, können Ihnen noch weitere Konsequenzen drohen. Ihre Versicherung muss den entstandenen Schaden in einem solchen Fall beispielsweise nicht übernehmen, da es sich um eine Obliegenheitsverletzung Ihrerseits handelt.