Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration (BAK): Verfahren und Bedeutung im Strafrecht

Der ermittelte Promillewert im Blut eines Autofahrers oder einer Autofahrerin bildet die Grundlage zur Bewertung der Fahrtüchtigkeit. Dieser Ratgeber erläutert, wie die sogenannte Rückrechnung der Alkohol-Konzentration im Blut funktioniert und welche Bedeutung die Alkohol-Rückrechnung in einem Strafrecht-Verfahren und für die Ermittlungsätigkeit hat.

FAQ: Rückrechnung der BAK

Was ist der BAK-Wert?

Die Abkürzung BAK steht für Blutalkoholkonzentration oder Blutalkoholwert. Es handelt sich um die als Promillewert angegebene Alkoholmenge im Blut einer Person. Der BAK wird verwendet, um den Grad der Alkoholisierung einer Person zu ermitteln und ist deshalb insbesondere für Verfahren zu Alkohol am Steuer relevant.

Wie wird der BAK zurückgerechnet?

Die Rückrechnung der BAK erfolgt in der Forensik und Toxikologie anhand unterschiedlicher Modelle wie der Widmark-Formel oder der Retrograde-Extrapolation basierend auf der Widmark-Formel. Eine Beispiel für die Alkohol-Rückrechnung mittels beider Modelle erhalten Sie an dieser Stelle.

Warum ist die Rückrechnung von Alkohol im Strafrecht wichtig?

Um in einem Verfahren feststellen zu können, ob das Fahren unter Alkoholeinfluss noch eine Verkehrsordnungswidrigkeit oder eine Straftat nach § 316 Strafgesetzbuch (StGB) darstellt, muss die BAK zum Tatzeitpunkt bekannt sein. Da die Blutentnahme häufig erst Stunden nach der Tat erfolgt, muss die BAK auf den Tatzeitpunkt rückgerechnet werden?

Bußgeldtabelle: Alkohol am Steuer

Alko­hol am Steuer: Promille­wertBußgeld / StrafePunkteFahr­verbotLohnt ein Einspruch?
In Probe­zeit gegen 0-‰-Grenze verstoßen250 €1kein Fahr­verbotHier prüfen **
Blut­alkohol­konzen­tration ab 0,5 ‰500 €21 MonatHier prüfen **
- zuvor bereits Eintrag wegen eines Alko­holver­stoßes1.000 €23 MonateHier prüfen **
- zuvor bereits zwei Einträge wegen Alkohol am Steuer1.500 €23 MonateHier prüfen **
Blut­alkohol­konzen­tration ab 1,1 ‰Freiheits- oder Geldstrafe3variiertHier prüfen **
Geringere Blut­alkohol­konzen­tration als 1,1 ‰, jedoch Aus­faller­scheinungen erkennbarFreiheits- oder Geldstrafe3variiertHier prüfen **

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Die Rückrechnung der BAK ist Bestandsteil von Ermittlungsprozessen

Wie bei der Ermittlung der Blutalkoholkonzentration die Rückrechnung funktioniert und warum diese wichtig für die Festsetzung des Strafmaßes ist, erläutert dieser Ratgeber.
Wie bei der Ermittlung der Blutalkoholkonzentration die Rückrechnung funktioniert und warum diese wichtig für die Festsetzung des Strafmaßes ist, erläutert dieser Ratgeber.

Der Blutalkoholwert bzw. die Blutalkoholkonzentration – kurz BAK – bezeichnet die Menge an Alkohol, die im Blut einer Person vorhanden ist. Die BAK wird in Promille (‰) gemessen, was pro tausend bedeutet. Folglich gibt der Blutalkoholwert an, wie viel Alkohol pro 1000 Teilen Blut vorhanden ist: So etwa bedeutet ein Promillewert von 1 ‰, dass 1 Milliliter reinen Alkohol in 1000 Millilitern Blut vorhanden ist.

Die BAK ist Grundlage für die Tatbestandbestimmung (Verkehrsordnungswidrigkeit vs. Straftat nach § 316 ), die Beweisführung in einem möglichen Verfahren und die damit verbundene Festlegung des Strafmaßes (bspw. Bußgeld vs. Geldstrafe): Sie gibt den Alkoholisierungsgrad einer Person an und erlaubt dergestalt Rückschlüsse auf ihre Fahrtüchtigkeit sowie ihre Schuldfähigkeit.

Daher muss der Blutalkoholwert zum Tatzeitpunkt bekannt sein. In vielen Fällen ist allerdings eine Rückrechnung der BAK zum Tatzeitpunkt notwendig, da die in diesem Zusammenhang notwendige Blutabnahme erst Stunden nach der Tat erfolgt ist.

Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Alkohol-Rückrechnung

Die zum Tatzeitpunkt bestehende Konzentration beim Blutalkohol darf mittels Rückrechnung unter Einhaltung bestimmter Vorgaben ermittelt werden.
Die zum Tatzeitpunkt bestehende Konzentration beim Blutalkohol darf mittels Rückrechnung unter Einhaltung bestimmter Vorgaben ermittelt werden.

Die Rückrechnung der BAK muss dem Rechtsgrundsatz in dubio pro reo (Im Zweifel für den Angeklagten) Folge leisten. Aus diesem Grund ist eine BAK-Rückrechnung ausschließlich unter folgenden Gegebenheiten zulässig:

Sie erfolgt nach abgeschlossener Resorption (vollständige Aufnahme des Alkohol über den Magen-Darm-Trakt ins Blut). Der angenommene Mindestdauer der Resorption ist auf zwei Stunden nach dem letzten Alkoholkonsum (Trinkende) festgelegt.

Die Alkohol-Rückrechnung darf bezüglich der Schnelle des Alkoholabbaus keinen individuellen Verteilungsfaktor annehmen. Die Rechnung muss immer auf Grundlage des Verteilungsfaktors erfolgen, der für eine Person aus medizinischer Sicht am günstigsten ist. In diesem Zusammenhang muss die Rückrechnung der BAK entweder den denkbar niedrigsten oder den denkbar höchsten Verteilungsfaktor zu Grunde legen.

Für Männer wird üblicherweise ein Verteilungsfaktor von 0,68 bis 0,7 angenommen. Der Wert, der bei Frauen und Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen bis 21 Jahren verwendet wird, liegt zwischen 0,55 und 0,6. In Deutschland folgt die Ahndung für Alkohol am Steuer bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen bis 21 einem strengeren Maßstab, da vor allem diese Personengruppe sich oft noch in der Probezeit befindet. Deshalb geschieht die Alkohol-Rückrechnung meistens mit demselben Verteilungsfaktor wie für Frauen.

Wie erfolgt die Rückrechnung der BAK?

Sie können die Rückrechnung beim Alkohol mittels Online-Rechner oder anhand gängiger Formeln durchführen.
Sie können die Rückrechnung beim Alkohol mittels Online-Rechner oder anhand gängiger Formeln durchführen.

Eine Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration bedarf verschiedener Daten wie beispielsweise

  • der Menge an konsumiertem Alkohol oder
  • der erfassten Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt,
  • den Zeitpunkt des Alkoholkonsums sowie
  • Körpergewicht, Geschlecht und ggf. Alter einer Person.

In Forensik und Toxikologie wird die Berechnung der BAK zum Tatzeitpunkt anhand verschiedener mathematischer Modelle unternommen. Häufig Anwendung findet zum Beispiel die Widmark-Formel. Es handelt sich hierbei um eine mathematische Gleichung, die den Alkoholabbau im Körper sowie den Einfluss des Körpergewichts und des Verteilungsfaktors auf die Blutalkoholkonzentration berücksichtigt:

BAK = (A / r*W ) − (0,15*t / ​r)

Dabei sind

  • A die Menge des konsumierten Alkohols in Gramm (g) als reiner Alkohol,
  • r der Verteilungsfaktor
  • W das Körpergewicht in Kilogramm (kg) und
  • t die Zeit in Stunden (h) seit Beginn des Alkoholkonsums.

Als weiteres Modell für die Rückrechnung der BAK kann die sogenannte Retrograde-Extrapolation auf Grundlage der WidmarkFormel dienen. Hierbei wird ein bestehender BAK verwendet, während die Widmark-Formel unter Berücksichtigung des sogenannten Abbaukoeffizienten rückwärts angewendet wird:

BAK Tatzeitpunkt = BAK gemessen * ekt

Dabei sind

  • e die Exponentialfunktion, die als Grundlage zur Berechnung des Blutalkoholgehalts zum Tatzeitpunkt dient,
  • k der Abbaukoeffizient für Alkohol im Blut,
  • t die vergangene Zeit zwischen den beiden Messungen.

Beachten Sie! Abbaukoeffizient und Verteilungsfaktor sind unterschiedliche Konzepte. Der Verteilungsfaktor steht für das Verhältnis zwischen der Blutalkoholmenge und der Alkoholmenge im gesamten Körper. Der Abbaukoeffizient beschreibt die Rate, mit der Alkohol aus dem Blut abgebaut wird und wird in Promille pro Stunde (‰/h) angegeben. Für die Alkohol-Rückrechnung bei Männern wird ein Abbaukoeffizient von 0,1 ‰/h angenommen, während der Abbaukoeffizient bei Frau zwischen 0,085 und 0,095 ‰/h festgelegt wird.

Beispiele für die Rückrechnung der BAK

Die Widmark-Formel

Die Rückrechnung des BAK bei einem Mann und einer Frau anhand der Widmark-Formel sollen folgende Beispiele veranschaulichen:

Ein Mann hat 100 g reinen Alkohol konsumiert und wiegt 70 kg. Die Zeit seit Beginn des Konsums beträgt zwei Stunden, der angenommene Verteilungsfaktor ist 0,7. Somit lautet die Rechnung:

  1. BAK = (100g / 0,7 * 70 kg) − (0,15* 2h / 0,7)
  2. BAK = (100g / 49 kg) − (0,3 / 0,7)
  3. BAK ≈ 2,04‰ − 0,43‰
  4. BAK ≈ 1,61‰

Eine Frau hat 100 g reinen Alkohol konsumiert und wiegt 60 kg. Die Zeit seit Beginn des Alkoholkonsums beträgt zwei Stunden, der angenommene Verteilungsfaktor ist 0,6. Folglich lautet die Rechnung:

  1. BAK = (100 g / 0,6 * 6 kg) – (0,15* 2h / 0,6)
  2. BAK = (100 g / 36) − (0,3 / 0,6)
  3. BAK ≈ 2,78 ‰ − 0,75 ‰
  4. BAK ≈ 2,03 ‰

Retrograde-Extrapolation auf Grundlage der Widmark-Formel

Die Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration durch Retrograde-Extrapolation, die auf der Widmark-Formel basiert soll an folgenden Beispielen verdeutlicht werden:

Ein Mann hat um 22:00 Uhr 100 g reinen Alkohol konsumiert und wiegt 70 kg. Um 02:00 Uhr wurde bei ihm ein BAK von 1, 0 Promille gemessen. Der angenommene Abbaukoeffizient für diese Rechnung ist 0,1 ‰/h. Die Rückrechnung der BAK um vier Stunden auf 22:00 Uhr ist geschieht folgendermaßen:

  1. BAK Tatzeitpunkt = 1,0 * e0,1*4
  2. BAK Tatzeitpunkt = 1,0 * e0,4
  3. BAK Tatzeitpunkt ≈ 1,0 * 1,4918
  4. BAK Tatzeitpunkt ≈ 1,4918 Promille

Eine Frau hat um 20 Uhr 100 g reinen Alkohol konsumiert und wiegt 60 kg. Um 01:00 Uhr wird bei ihr ein BAK von 0,8 Promille gemessen. Der angenommene Abbaukoeffizient ist 0,085 0,1 ‰/h. Die Rückrechnung der BAK um fünf Stunden auf 20:00 Uhr wird folgendermaßen durchgeführt:

  1. BAK Tatzeitpunkt = 0,8 * e0,085*5
  2. BAK Tatzeitpunkt = 0,8 * e0,425
  3. BAK Tatzeitpunkt ≈ 1,8 * 1,5293
  4. BAK Tatzeitpunkt ≈ 1,22344 Promille
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Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration (BAK): Verfahren und Bedeutung im Strafrecht
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Über den Autor

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Theodora B.

Theodora arbeitete nach ihrem Studium der Germanistik und Romanistik (Schwerpunkt Französisch) als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Freiburg im Bereich "Deutsch-russischer Kulturtransfer im europäischen Kontext". Seit 2023 unterstützt Sie die Redaktion von bussgeldkataloge.de als Volontärin.

Bildnachweise

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